Glaube ist kein Gefühl

Es ist lange her, dass ich das letzte Mal nicht wusste, wie mein Leben weiter gehen sollte. Die letzten Jahre hatte ich einen Plan. Keine besonderen Details, aber eine Richtung. Mein Studium gab mir die Richtung. Noch ein Semester. Dann noch eins. Immer so weiter, bis auf einmal das letzte Semester angebrochen ist und mir bewusst wird, dass ich nicht mehr weiß, wie der Weg nach dem 30. September weitergeht. Klar, als angehende Lehrerin ist das noch verhältnismäßig einfach. Nach dem Studium kommt der Vorbereitungsdienst. Aber wo? Und bis er losgeht?

Die Option, die ich ohne zu zögern gewählt hätte, ohne zu zögern immernoch wählen würde, ist außer Reichweite. Stattdessen zeichnet sich nach und nach ein Weg ab, den ich vor einem halben Jahr noch gerne gegangen wäre, der aber inzwischen so beschwerlich aussieht, dass ich mich ertappe, wie ich die Gedanken daran meide. Wie ich die Augen verschließe vor dem, was zwangsläufig kommen wird, und versuche die Gegenwart mit allen Mitteln festzuhalten. Ich ertappe mich dabei, wie ich von der Zukunft immer noch im Konjunktiv rede, obwohl der Weg schon fest steht. Und bei all dem möchte ich Gott am liebsten anschreien und mich gleichzeitig in seine Arme werfen und mich ausweinen.

Was tun wir, wenn wir Gottes Willen kennen, wenn wir wissen, wir sind auf seinem Weg – aber dieser Weg ist der letzte, den wir eigentlich gehen wollen? Was, wenn wir uns zwingen müssen, Gott keine Vorwürfe zu machen für das, was er mit uns vor hat? Wenn wir das Gefühl haben, er nimmt uns alles, was unser Leben wunderbar gemacht hat? Was, wenn wir wissen, was richtig ist, aber alles in uns schreit, dass es das nicht sein kann? Wenn wir darum ringen, zu glauben, dass es gut werden wird, dass es weitergehen wird, dass der beste Teil jetzt nicht vorbei ist, dass es wieder so gut werden kann, wie jetzt?

Ich weiß, was für Gedanken ich über euch habe, spricht der Herr, Gedanken des Friedens und nicht des Unheils, um euch eine Zukunft und eine Hoffnung zu geben. ~ Jeremia 29,11

Zukunft und Hoffnung, das ist genau das, was wir brauchen, was wir uns wünschen. Aber wo sollen die noch herkommen, wo es uns gerade so schwer fällt, unserer Zukunft etwas Positives abzugewinnen?

Und während ich so im Selbstmitleid versinke, wird mir plötzlich eins bewusst. Glaube ist eine Entscheidung. Glaube passiert nicht einfach. Glaube ist wertvoll und darum ist er umkämpft. Er fällt uns nicht immer zu, manchmal müssen wir uns entscheiden, daran festzuhalten. Zumindest für eine gewisse Zeit, bis es wieder einfacher wird. Wir müssen uns selbst daran erinnern, dass Gott treu ist und wir müssen uns von dieser Wahrheit durchfluten lassen.

Glauben wir, es war für Abraham einfach, seinen Sohn mit auf den Berg zu nehmen, um ihn zu opfern? Glauben wir, es war für Paulus einfach geschlagen im Gefängnis zu sitzen für seinen Glauben? Glauben wir, es war einfach für David, als er sich versteckte, weil Saul ihn bis auf den Tod verfolgte?

Wir lesen in der Bibel zwar nichts davon, aber ich glaube auch sie, so wie viele andere, standen vor der Entscheidung, Gott zu vertrauen. Zu vertrauen, dass seine Versprechen wahr sind. Zu glauben, dass er es gut mit uns meint. Zu vertrauen, dass es wieder bergauf gehen wird.

Und es war David, der uns einen Schlüssel dafür gegeben hat, um aus diesem Loch wieder herauszukommen:

Mit meiner Seele will ich den Herrn loben und von ganzem Herzen will ich seinen heiligen Namen preisen. Mit meiner Seele will ich den Herrn loben und das Gute nicht vergessen, das er für mich tut. Er vergibt mir alle meine Sünden und heilt alle meine Krankheiten. Er kauft mich vom Tode frei und umgibt mich mit Liebe und Güte. Er macht mein Leben reich und erneuert täglich meine Kraft, dass ich wieder jung wie ein Adler werde. ~ Psalm 103,1-6

Lasst uns nicht vergessen, was Gott bereits für uns getan hat. Mit wie viel Segen er uns bisher überschüttet hat. Dass er tatsächlich bis in den Tod für uns gegangen ist. Gott ist treu. Er war es schon immer und er wird es immer sein.

Egal wie dunkel der Weg vor dir gerade aussieht, du wirst ihn nicht alleine gehen müssen. Es wird der Moment kommen, an dem du darauf zurücksiehst und erkennst, wozu das gut war. Du wirst überall Gottes Fingerabdrücke erkennen können.

Lasst uns uns dafür entscheiden zu glauben, dass Gott gut ist, dass Gott treu ist und dass das, was vor uns liegt, uns nicht überwinden wird, denn der König der Könige ist und bleibt an unserer Seite.

Und wir wissen, dass für die, die Gott lieben und nach seinem Willen zu ihm gehören, alles zum Guten führt. ~ Römer 8,28

8 Kommentare Gib deinen ab

  1. Pingback: Gott liebt Glitzer
  2. inselines sagt:

    Ohne diesem Beitrag widersprechen zu wollen, sehe ich es noch mal etwas anders. Ich kenne die Zeiten, in denen mein Glaube klein ist und es mir dann hilft eine Entscheidung zu treffen und ganz am Anfang meines Glaubenslebens habe ich mich bewusst für Gottes Weg mit mir entschieden. Aber wäre Glaube ausschließlich Entscheidung, dann hätte ich wohl keinen mehr. Denn über meine Gefühle hat Gott meinen Glauben am Leben gehalten. Seine Annahme und Liebe für mich haben mir Hoffnung gegeben und das konnte ich nicht glauben weil das irgendwo geschrieben steht, sondern weil Gottes Geist mich das hat fühlen lassen. Diese Erfahrungen helfen mir heute, wenn ich nichts mehr fühle oder wenn ich in Not komme und mir die Kraft zur Entscheidung fehlt. Dann weiß ich dennoch dass Gott bei mir ist und mein Glaube nicht von Gefühlen abhängig ist.

    Ein Kind Gottes kann alle möglichen Gefühle haben, negative, positive, Glauben, Zweifel, aber tief im Inneren liebt man seinen Vater, selbst wenn man hadert und weiß dass man geliebt ist. Entscheidung und Beziehung gehören für mich zusammen. Ich entscheide mich für Gott und in der Beziehungspflege mit ihm, wächst der Glaube.

    Ich glaube an Gott, so wie ein Blinder an die Sonne glaubt,
    nicht weil er sie sieht, sondern weil er sie fühlt.
    Phil Bosmans

    1. Hi Inselines! Danke für deine ausführlichen Gedanken zu diesem Artikel!
      Du hast Recht. Natürlich gehört Gefühl auch mit dazu. Aber wenn wir uns nur auf unsere Gefühle verlassen, glauben wir auch nicht lange, denn die kommen und gehen. In den Phasen, in denen die Gefühle nicht da sind, muss die Entscheidung tragen. Sie tut das „im Blick auf das Gefühl“ – also auf bessere Zeiten mit Gott, auf das, was wir von ihm wissen und wie wir ihn schon erfahren haben. Was du machst ist also im Prinzip genau das, was David im Psalm 103 beschreibt. Du erinnerst dich bewusst zurück, um weiter festhalten zu können. In diesem Moment trifft du die Entscheidung Gott weiter zu vertrauen, wegen dem, wie du ihn schon kennengelernt hast, nicht wegen dem, was dein Gefühl dir in diesem Moment sagt.
      Das Zitat von Phil Bosmans kenne ich. Dieser Artikel spricht aber von einer Zeit, in der die Sonne gerade nicht scheint – man sie also auch nicht fühlen kann. Auch der Blinde muss sich daran erinnern, dass er die Sonne schon gespürt hat und darauf vertrauen, dass sie auch irgendwann wieder scheinen wird.
      Liebe Grüße

      1. inselines sagt:

        Ja, ich bin ganz Deiner Meinung und fühle mich verstanden.
        „In diesem Moment trifft du die Entscheidung Gott weiter zu vertrauen, wegen dem, wie du ihn schon kennengelernt hast, nicht wegen dem, was dein Gefühl dir in diesem Moment sagt.“ Das trifft es auf den Punkt.
        Liebe Grüße auch an Dich, Ines.

  3. dobamoblog.wordpress.com sagt:

    Ich glaube so sehr an Gott, und doch habe ich immer wieder das Gefühl, dass er mich mein ganzes Leben lang hat „hängen“ lassen – insoferne – dass sich mein dringendster Wunsch nie erfüllte. Der Wunsch Wärme und Geborgenheit IN IHM zu finden.
    Zufriedenheit und Dankbarkeit leben zu dürfen im Kreise von Christen.
    6 Monate waren mir gewährt in einer Baptistengemeinde dieses Glück zu finden. Dann kam es zu einer Gemeindespaltung und die Hälfte der Menschen gingen aus der Gemeinde.
    Und die, die zurück blieben, waren nicht mehr imstande ein friedliches Miteinander zu praktizieren. Sie stritten sich um die Führungspositionen, dann stritten sie sich untereinander.
    Es war eine Katastrophe, und ich verliess die Gemeinde schwerst enttäuscht.
    Diese Erfahrung hat mir gezeigt, wie Menschen wirklich sind. Christen!!!!!
    Seitdem kämpfe ich jeden Tag um „Gottes Liebe“ . Bitte jeden Morgen und Abend „bleib bei mir“ – „halt mich fest“.
    Doch nicht eine einzige Minute hatte ich wirklich das Gefühl in Gottes Armen geliebt und geborgen zu sein.
    Was mache ich falsch?

    1. Es tut mir unglaublich Leid, dass du diese Erfahrung machen musstest und freue mich, dass du es in alldem geschafft hast, trotzdem an Gott festzuhalten. Das war mit Sicherheit nicht sein Plan, weder für dich noch für deine Gemeinde. Ich möchte dir zusprechen: Gott sieht dich und er liebt dich und es tut ihm weh, dass du leidest. Ich glaube, die Frage „Was mache ich falsch?“ ist nicht unbedingt der richtige Ansatz. Ich kann sie gut verstehen, weil ich sie mir auch schon häufig in ähnlichem Kontext gestellt habe, aber in ihr schwingt doch Gedanke, wir müssten uns Gottes Nähe und Zuwendung erarbeiten (jedenfalls war das bei mir so). Aber so ist das nicht. Jesus hat am Kreuz alles getan, was nötig war. Ich arbeite gerade daran, zu lernen in seiner Gegenwart nichts zu tun, als einfach zu sein. Sitzen und ihn anschauen, und auch wenn mir das am Anfang unheimlich schwer fiel, wird es immer leichter und ich lerne, was es heißt, ihm nah zu sein. In dieser Stille begegnet er mir und schenkt mir Liebe, Friede, Freude und Kraft.
      Ich bete, dass du dich selbst durch Gottes Augen sehen kannst, dass du siehst, wie sehr er dich wirklich liebt und dir nah sein will.

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